
SPOTLIGHT: Sind Legionellen bei adiabaten Kühlungen immer eine reale Gefahr?
Jul 15, 2025
Adiabate Befeuchter in Abluftanlagen sind seit Jahren besonders in der Industrie und in großen Gebäudekomplexen beliebt. Diese Technik nutzt die Verdunstung von Wasser zur Kühlung der Luft. Die gekühlte, feuchte Luft wird über einen Wärmetauscher geleitet und kühlt damit die Außenluft vor, die über das Zuluftsystem in das Gebäude geleitet werden soll. Das System ist besonders energieeffizient und kostengünstig im Betrieb. Die gleichen adiabaten Befeuchter werden oft auch in der Zuluft verwendet, um im Winter die Zuluft zu befeuchten um ein angenehmes, gesundheitsförderndes Raumklima zu schaffen. Trotz dieser Vorteile stagniert die Zahl der installierten Systeme in den letzten Jahren aufgrund von Verunsicherungen am Markt. Woher kommen diese Bedenken, und sind diese berechtigt?
Es gibt Bedenken, dass sich Legionellen in Befeuchtern vermehren und in die Luft gelangen könnten. Doch wie kommen die Legionellen überhaupt in den Befeuchter und was kann man dagegen tun? Legionellen können grundsätzlich in stark begrenzter Anzahl im Trinkwasser vorkommen, theoretisch ist auch eine Ansaugung über Aerosole aus der Außenluft denkbar aber praktisch sehr selten. Der Markt für „Schutzmaßnahmen“ vor einer Legionellenkontamination ist groß und wächst durch die Verunsicherung der Anwender weiter. An einigen Anlagen werden sicherheitshalber kontinuierlich Biozide in Befeuchtern eingesetzt, um potenzielle Legionellenherde abzutöten. Der Einsatz von Bioziden bei Befeuchtern in der Zuluft bei Wasser mit Trinkwasserqualität ist jedoch kritisch zu hinterfragen, da keine aktiven Biozide durch den Ablauf des Befeuchters in das Abwasser gelangen dürfen und die eingesetzten Substanzen die Luftqualität der Zuluft nicht verschlechtern dürfen.
Die am Markt bekannten Störfälle in Ulm und Warstein werden oft als Warnung vor den Gefahren einer Kontamination herangezogen. Doch was war dort eigentlich passiert und kann man diesen Vorfall so auf alle adiabaten Kühler übertragen? In Warstein wurde an einem Rückkühlwerk für Prozesswasser das Wasser aus einem nahegelegenen Fluss verwendet. Flussaufwärts wurde aus einem Klärwerk geklärtes Abwasser in den Fluss eingeleitet, das mit Legionellen stark belastet war. Bei einem Rückkühlwerk wird das zu kühlende Wasser in den Luftstrom versprüht und so über Füllkörper verrieselt. Die Kombination aus versprühtem Wasser und Ventilatoren sorgt jedoch für Aerosole in der Luft. Da das Wasser aus dem Fluss mit Legionellen verunreinigt war, konnten sich diese im warmen Wasser des Rückkühlwerkes vermehren und wurden als Aerosol durch die Ventilatoren in die Umwelt freigesetzt mit verehrenden Folgen.
Doch ist ein adiabater Befeuchter für die RLT-Technik mit einem solchen Rückkühlwerk gleichzusetzen? Gibt es auch hier das gleiche Gefahrenpotential? Nicht unbedingt, da es zwei große Unterschiede in den Systemen gibt:
- Adiabate Befeuchter gibt es in verschiedenen Bauformen. Einige Systeme versprühen Wasser direkt in den Luftstrom, während andere aerosolfrei arbeiten. Aerosolfreie Systeme verhindern, dass Legionellen in die Luft gelangen. Bei Wabenbefeuchtern die ohne ein Sprühsystem arbeiten, wird da das Wasser oben auf einen Kontaktkörper aufgebracht, ohne dass es zu einer Aerosolbildung kommt. Das Wasser geht dann über die große Oberfläche des Kontaktkörpers Molekular in den Luftstrom über, auch hierbei entstehen keine Aerosole. Hier wird das Prinzip der Oberflächenverdunstung genutzt, wie es auch an jedem See in der Natur vorkommt. Keiner würde sich bei einem Spaziergang am See über die Gefahr einer Legionellose Gedanken machen, zurecht.
- Adiabate Befeuchter werden mit kontrolliertem, kaltem Wasser in Trinkwasserqualität betrieben, was das Risiko einer Legionellenvermehrung minimiert. Die VDI 6022 gibt vor, dass das Wasser die mikrobiologischen Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllen muss. Laut Trinkwasserverordnung muss die Legionellenbelastung kleiner 100KBE/100ml sein. In einem Rückkühlwerk wird das Wasser im Umlaufprinzip gefahrenund durch die abzuführende Prozesswärme werden schnell Temperaturen erreicht, bei denen sich Legionellen vermehren können. Diese entscheidenden Risikofaktoren gibt es jedoch in vielen Befeuchtern mit Kontaktkörpern für RLT-Anlagen nicht.
Eine bereits im Jahr 2001 durchgeführte Untersuchung an einem Verdunstungsbefeuchter vom Typ „FA6“ der auf Klimatisierungslösungen spezialisierten Firma Munters durch den Leiter des Zentralbereichs für Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Prof. Dr. Lemmen, ergab, dass der getestete adiabate Befeuchter keine Legionellen in den Luftstrom abgegeben hatte. Für den Test wurde der Luftbefeuchter in mehreren Durchläufen mit unterschiedlichen Luftgeschwindigkeiten bis zu 4,2 m/s getestet und mit bis zu 10.000.000KBE/L Legionella pneumophila beaufschlagt. In dem Luftstrom wurden an der Austrittseite des Befeuchters mehrere Luftkeimmessungen vorgenommen. In keiner der genommenen Proben konnten Legionellen im Luftstrom gefunden werden.
Da dieser weit verbreitete Befeuchtertyp komplett aerosolfrei arbeitet, ist ein Übergang von Legionellen auf den Luftstrom somit ausgeschlossen. Selbst bei einer vorübergehenden Kontamination des verwendeten Trinkwassers ist eine Übertragung von Legionellen auf den Luftstrom nicht möglich. Um eine dauerhafte Vermehrung von Legionellen zu verhindern, haben sich in der Praxis UV-Lampen in der Wasserzuleitung als verlässliche und umweltschonende Technik etabliert.
Wie spiegelt sich dies in den Normen wider?
In der Zuluft fällt der Befeuchter unter die VDI 6022 Blatt 1, jedoch nicht unter die 42. BImschV oder die VDI 2047. Im Markt gibt es seit längerer Zeit die Diskussion, ob der adiabate Befeuchter in der Fortluft unter die VDI 2047 Blatt 2 fallen könnte. Die VDI 2047 gilt für Rückkühlwerke, die Aerosole in den Luftstrom einbringen können und es wird an mehreren Stellen in der Vorschrift darauf verwiesen, dass die Richtlinie nicht für Befeuchtungseinrichtungen gilt, die Bestandteile von luftführenden Bereichen einer RLT-Anlage innerhalb des Anwendungsbereichs von VDI 6022 sind. Beispiele für solche Anlagen sind Luftbefeuchtungssysteme auf der Zuluftseite sowie indirekte Verdunstungskühlsysteme, die auf der Abluftseite des RLT-Geräts zur Kühlung der Luft eingesetzt werden.
Durch die Vorgaben in der VDI 6022 sollen Menschen, die täglich die Luft im Gebäude einatmen, geschützt werden. Befeuchtung ist hier besonders bei trockener Außenluft ein wichtiges Thema, da sie zur Behaglichkeit im Gebäude beiträgt und für die Gesundheit der Personen im Gebäude förderlich ist.
Wenn es doch schon eine Vorschrift für RLT-Anlagen gibt, warum gibt es dann noch zusätzlich die VDI 2047 und die 42. BImschV? Diese Vorschriften sind nicht explizit für RLT-Anlagen gedacht, hier geht es mehr um den Schutz von Menschen außerhalb des Gebäudes vor Legionellen, die möglicherweise durch den Fortluftstrom in die Umwelt gelangen könnten. Legionellen vermehren sich im Temperaturbereich zwischen 25 °C und 45 °C. Oberhalb von 60°C sterben sie ab, und unterhalb von 20 °C vermehren sie sich kaum. Dies ist ein Problem in Kühltürmen da diese auch mit Wasser aus Flüssen oder Brunnen betrieben werden können. Halten wir uns an dieser Stelle jedoch an die VDI 6022, müssen adiabate Befeuchter mit kaltem Wasser betrieben werden, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht und somit das Risiko einer Legionellenvermehrung minimiert.
Die 42. BImschV schreibt, dass adiabate Befeuchter in Lüftungsanlagen nicht unter diese Vorschrift fallen, die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) widersprach jedoch in ihren Vollzugshinweisen dieser Aussage. Der RLT-Herstellerverband verfasste im Juni 2023 eine detaillierte Ausarbeitung, warum diese Systeme nicht unter die 42. BImschV fallen sollten, und übermittelte dies an die LAI. Seitens der LAI gab es damals die Aussage, dass man den Sachverhalt erneut prüfen werde, eine Rückmeldung seitens des LAI steht fast 2 Jahre später noch immer aus.
Fazit
Die adiabate Befeuchtung bietet viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf Energieeffizienz und Kühlleistung. Die Verunsicherung im Markt ist oft auf Missverständnisse und falsche Verknüpfungen zurückzuführen. Es bleibt zu hoffen, dass die „Expertenempfehlung (EE) zur VDI 6022 und VDI 2047 - Adiabate Abluftbefeuchter“ welche nun durch die VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik in Angriff genommen werden soll, hier weiter zur Klärung beitragen kann und die Verunsicherung am Markt ausgeräumt werden.

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